Aus der Geschichte des Obst- und Gartenbauvereins Weitramsdorf (1906 - 2006)
Gründungszeit - die Zeit bis zum 1. Weltkrieg
Die Entstehung und Gründung von Obst- und Gartenbauvereinen im Coburger Land reicht weit in das 19. Jahrhundert zurück. Als ältester Verein gilt der 1928 entstandene Gartenbauverein Coburg. Im Jahr 1888 versandte das herzogliche Landratsamt Coburg 33 Männer einen Statutenentwurf zur Gründung von Obstvereinen; 10 Vereine sollten sich daraufhin bilden. In Weitramsdorf kam es jedoch spätestens erst 1906 zur Gründung eines Obst- und Gartenbauvereines.
Er wird im Zusammenhang mit der Konstituierung des „Landesobstbauvereines für das Herzogtum Coburg e.V.“ im Saal der Actienbierhalle zu Coburg am 07. April 1906 erwähnt. Weitramsdorf wird dabei mit Gersbach und Schlettach als letzte von 34 „Sektionen“ im Herzogtum genannt. „Sektionaleiter“ war Pfarrer Franz Zöller. Vorausgegangen war dieser Vereinigung im Jahr 1905 ein „Verschönerungs-Verein Weitramsdorf“, der aus mancherlei Gründen als Vorläufer der „Sektionen“ angesehen werden kann. Seit 1908 nannten sich die einzelnen Sektionen dann „Obstbauverein“. Deren Mitgliederzahl in Weitramsdorf betrug 1908/09 25 Personen. Diese Zahl blieb über ein Jahrzehnt fast konstant. Vielfältig und zahlreich waren dabei die Angebote des „Landesobstbauvereins“ an die „Obstbauvereine“ im Herzogtum Sachsen-Coburg. Wie weit davon Weitramsdorf Gebrauch machte, ist unbekannt. Hier scheint sich ein relativ ruhiges, in sich abgeschlossenes Vereinsleben abgespielt zu haben. Pfarrer Franz Zöller als Vorsitzender folgte Pfarrer Adolf Siegel (1910-1912).
Zwischen den zwei Weltkriegen
Können wir uns für die Zeit vor dem 1. Weltkrieg noch ein mehr oder weniger schemenhaftes Bild vom Obst- und Gartenbauverein Weitramsdorf machen, so liegen aus der Zeit bis zum Ende des 2. Weltkrieges so gut wie keine Nachrichten vor. Dem „Landesobstbauverein für das Herzogtum Coburg“ folgte 1921 nach dem Anschluss Coburg an Bayern (1920) der „Bezirksverband der Obst- und Gartenbauvereine im ehemaligen Herzogtum Coburg“, der sich dem Bayerischen Landesverband anschloss und sich seit Mitte der 20er Jahre „Bezirksverband Coburg für Obst- und Gartenbau e.V. in Coburg“ nannte. Ihm gehörte auch der Obst- und Gartenbauverein Weitramsdorf an.
Mitglieder des Vereins suchten Kurse für Obstbaumpflege auf und gaben ihre so erworbenen Kenntnisse im Dorf weiter. Obst- und Gemüsewertkurse wurden durchgeführt. Angeschafft wurden eine Dosenverschlussmaschine, eine Obstkarre und eine Obstpresse. Wohl 1934 pflanzte man im Gemeindebereich 20 Obstbäume. Teilgenommen wurde an den „Wanderversammlungen“ des „Bezirksverbandes Coburg“, so 1933 in Weidach. Im Dritten Reich ließ der Reichsbauernführer die Gartenbauvereine dem sogenannten „Reichsnährstand“ unterstellen zum Aufbau einer organischen bäuerlichen Marktbewirtschaftung. Während des 2. Weltkrieges sollte dann das Vereinsleben weitestgehend ruhen.
Von 1946 bis 1970 - Neukonstituierung und neue Aktivitäten
Im Frühjahr 1946 kamen wieder einige obst- und gartenbaulich interessierte Weitramsdorfer zusammen, um ihren Verein zu neuem Leben zu erwecken. Mit der Lizenz Nr. 64 wurde unter dem 4. Dezember 1946 der Verein auf Grund seines Antrages vom 7. Juli 1946 vom Landratsamt Coburg genehmigt. Die Vorstandschaft setzte sich in jenem Jahr aus dem 1. Vorsitzenden Eugen Wank, dem 2. Vorsitzenden Pfarrer Friedrich Stoll, dem Kassier Landwirt Alfred Grosch und dem Schriftführer Korbmachermeister Albin Scheidig zusammen. Der Obst- und Gartenbauverein war nun dem „Landes-Gartenbauverein“, München angegliedert.
Nachkriegsschwierigkeiten spiegelten sich etwa darin wider (so auf der Sitzung am 2. Februar 1947 vom Vorstand festgestellt), dass „zur Zeit die Samenbestellungen eine sehr schwierige ist und man nur auf einen geringen Teil rechnen kann. Somit beantragt er (d. i. der Vorstand), dass die 20 anwesenden Mitglieder in erster Linie berücksichtigt werden sollen. Die Anwesenden gaben hierzu den nötigen Beifall“.
1950 übernahm Eduard Scheidig das Amt des 1. Vorsitzenden, das er bis zu seinem Tode (1962 ) inne hatte. Die Aktivitäten im Verein nahmen ständig zu. Zahlreiche Neuanmeldungen folgten. Obstpresse und Büchsenverschlussmaschine wurden von den Vereinsmitgliedern weiterhin rege benutzt. Ein Baumwart wurde eingesetzt. Die auf der Generalversammlung 1955 beschlossene Anschaffung einer fahrbaren Obstspritze erfolgte allerdings erst 1963. In jenen Jahren fanden erste gelungene Abendveranstaltungen (Kulturabende) mit verschiedenen informativen Vorträgen statt. Auch die alljährlichen Generalversammlungen dienten immer wieder mit dazu, wichtige Erkenntnisse und Anleitungen zur Obst- und Baumpflege, über Düngung und Bodenverbesserung, aber auch zur Garten- und Dorfverschönerung weiterzugeben. Erste Omnibusausflüge kamen zustande. Nachdem 1954 der Landkreis Coburg den Wettbewerb „Das schönere Dorf“ ausgeschrieben hatte, beteiligte sich auch die Gemeinde Weitramsdorf, wobei sie insbesondere vom Obst- und Gartenbauverein unterstützt wurde.
Von 1963 bis 1970 stand Malermeister Willibald Latzel dem Verein vor, wobei er mancherlei eigene Ideen entwickelte und einbrachte. Auf Grund der zunehmenden Zahl von Lichtbildervorträgen schaffte sich der Verein 1969 einen eigenen Diaprojektor an. Nach Möglichkeit wurden nun auch die Bundesgartenschauen besucht, um so neue Anregungen zur gärtnerischen Gestaltung zu erhalten.
Der Verein unter der Führung von Helmut Eberlein (1970 - 1992)
Die Wahl von Helmut Eberlein zum 1. Vorsitzenden Anfang 1970 leitete zugleich einen Generationswechsel in der Führung des Vereins ein. In jenem Jahr wurde erstmals ein Blumenschmuckwettbewerb in Weitramsdorf durchgeführt, der in den folgenden Jahren mit dazu beitrug, dass Weitramsdorf bereits 1974 bei dem Wettbewerb „Das schönere Dorf - Die schönere Stadt“ einen beachtlichen 3. Platz erringen konnte. Ebenfalls erstmals 1970 fand die alljährliche Himmelfahrtswanderung mit anschließendem geselligen Beisammensein auf dem Greinberg, seit Ende der 70er Jahre dann meist am evangelischen Gemeindehaus statt (bis 2004). Zu einem festen Bestandteil im Vereinsjahr wurde der „Erntedanktanz“, zunächst im Saal der Brauerei Bauersachs, seit 1974 im TSV-Sportheim. Aus dieser Veranstaltung ging (seit 1999) der „Tanz in den Herbst“ hervor. Der alljährliche Tagesausflug wurde zu einer ständigen Einrichtung, wobei häufig die Landes- und Bundesgartenschauen das Reiseziel waren. Zahlreiche Kulturabende fanden vorwiegend im Gasthaus „Zur neuen Heimat“ (Fodor) statt. Referenten konnten dazu aus dem ganzen oberfränkischen Raum begrüßt werden. Dazu kamen wiederholt (bis in die Gegenwart) Steckkurse (im evang. Gemeindehaus), weitere praktische Schnittübungen an Obst- und Zierhölzern sowie Rosen.
Aus Anlass der 800-Jahrfeier von Weitramsdorf im Jahr 1977 bepflanzte der Gartenbauverein die Blumenrabatte vor dem Weitramsdorfer Rathaus und setzte sich im Blick auf die Festtage engagiert für die Dorfverschönerung ein. Schon fast selbstverständlich wurde die alljährliche ehrenamtliche Frühjahrspflege des Friedhofs, insbesondere der Kugelahornbaäume (bis heute). Das rege in die Gemeinde ausstrahlende Vereinsleben hatte bis 1981 eine Verdreifachung der Mitgliederzahl (159) seit der Wiedergründung des Vereins 1946 zur Folge. Im September 1981 konnte so das 75jährige Jubiläum gefeiert werden - mit einer gartenbaulichen Ausstellung im evangelischen Gemeindehaus und einem Festabend im Saal der Firma W. ALBRECHT. Die Schirmherrschaft hatte Gartenamtsrat Friedrich-Carl Conze, Weitramsdorf - Weidach, übernommen. Die Veranstaltungen fanden ihren Abschluss mit einem „Jubiläums - Blumenschmuck - Wettbewerb“ im Jahr 1982. Aus Anlass des 500. Geburtstages Martin Luthers wurde 1983 auf dem Greinberg eine „Luthereiche“ gepflanzt.
1985 trafen sich die Gartenfreunde erstmals zu einem „Dämmerschoppen“ („Stammtisch“), der neben den Vortragsabenden gerne angenommen wurde. An den Festumzügen der Ortsvereine aus Anlass von Vereinsjubiläen innerhalb der Großgemeinde beteiligten sich stets auch der Gartenbauverein, meist mit einer blumengeschmückten Fußtruppe. Die Geselligkeit förderten in den sommerlichen Ferienzeit alljährlich (seit 1986) gemütliche Abende an den Hofmannsteichen, verbunden mit einer Familienwanderung. Im Juni 1987 unternahm der Verein erstmals eine Fünftagefahrt, die nach Ungarn führte. weitere Mehrtagesfahrten sollten (bis in die Gegenwart) folgen - u. a. an die „Blumenriviera“, nach Skandinavien, an den Gardasee, in die Schweiz, nach Korsika, Mallorca, Slowenien, zur Hohen Tatra und in die Masuren. 1987 wurde auch zu einem besonderen Wettbewerb aufgerufen: „Wer hat den schwersten Kohlrabi?“ 1988 pflanze man im Gemeindebereich 5 Walnussbäume. 1990 schafften sich die Mitglieder ein Vertikutiergerät an. In jenem Jahr wurde eine Morgentau-Wanderung (zunächst nach Schlettach) neu in das Jahresprogramm aufgenommen. Am 6. April 1990 pflanzten die Ummerstadter Gartenfreunde gemeinsam mit dem Gartenbauverein an der Grenze nach Thüringen den „Thüringer Baum“, eine Rotbuche zur Erinnerung an die „Wendezeit“ in der ehemaligen DDR; manch gemeinsame Veranstaltung beider Vereine folgten.
Die letzten 1 ½ Jahrzehnte (1992 - 2006)
Auf der Jahreshauptversammlung 1992 wurde mit Bernd-Ulrich Schmölz ein neuer 1. Vorsitzender gewählt und der bisherige 1. Vorsitzende Helmut Eberlein zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Die bewährten alljährlich sich wiederholenden Veranstaltungen wurden weitergeführt, die Wanderung an die Hofmannsteichen jedoch auf den Juli vorverlegt. Durch engagierte Mitgliederwerbung konnte im Mai 1993 das 200., im November 1996 das 250. und 2004 das 300. Mitglied begrüßt werden. Im Juni 1993 stellten Mitglieder eine Ruhebank an der „Bayernlinde“ auf dem Weg zu den Hofmannsteichen auf, die seitdem auch betreut wird. 1994 schaffte sich der Verein einen neuen Häcksler an. Anfang der 90er Jahre engagierte man sich auch für die neue Bepflanzung der Außenanlagen im evangelischen Kindergarten und trug zu deren Gedeihen bei. Nach Fertigstellung der Straße nach Schlettach und entsprechender Bepflanzung der Seitenstreifen übernahm der Gartenbauverein deren Pflege (seit 1996). Seit 1996 bereicherte eine Radtour (meist im Juni) das Vereinsangebot. 1996 fand erstmals auch eine Veranstaltung für Kinder statt - das Bauen eines Lesesteinhaufens in der Nähe der Ruhebank an der „Bayernlinde“. Fortan schloss die Vereinsarbeit durch „Kindernachmittage“ verstärkt die Kinder- und Jugendarbeit mit ein (z.B. „Amphibienwanderung“, „Abenteuernachmittag am Kastenbrünnle“, „Getreidesorten kennenlernen“, „Ramadama-Aktionen“). Darüberhinaus beteteiligten sich die Gartenfreunde an gemeinschaftlichen Veranstaltungen wie den „Kulturabenden“ und Ortsmeisterschaften - etwa im Tauziehen - oft übernahmen sie dabei auch die Bewirtung. Im Jahr 2000 wurde der „Tanz in den Herbst“ zum ersten Mal in der „Kultur- und Sporthalle“ des TSV Weitramsdorf durchgeführt. Dabei trat die neugegründete Männertanzgruppe mit dem Namen „Dörrobst“ auf, die dann seitdem jedes Jahr mit einer neuen Darbietung am Gelingen der Veranstaltung beitragen.
In der Jahreshauptversammlung 2001 wurde nach dem Rücktritt von Bernd-Ulrich Schmölz Andreas Geuß zum 1. Vorsitzenden gewählt. Auch er setzte die traditionellen über das Jahr verteilten Veranstaltungen fort. Nachdem für vereinseigenes Inventar seit 1992 das ehemalige alte Milchhaus (neben dem Feuerwehrhaus) zur Verfügung stand, beschloss Anfang 2001 die Vorstandschaft, das ehemalige ungenutzte Kühlhaus in der Schlettacher Straße zu übernehmen und als Vereinsheim - „Gartenhäusle“ - herzurichten. Innerhalb von 2 Jahren wurde in Eigeniniative aus einem leerstehenden Gebäude ein wahres Schmuckstück im Dorfzentrum. Im März 2003 konnte der Einzug erfolgen. Seit jenem Jahr nennt sich die Jugendgruppe „Die Wühlmäuse“ und treffen sich dort nun regelmäßig. Zur Adventszeit 2004 verwandelten sie erstmals das neue Vereinsheim in ein geheimnisvolles „Hexenhäuschen“.
Im September 2006 feiert der Obst- und Gartebauverein sein 100-jähriges Jubiläum. Dazu hatte im März das Geburtstagskind bereits die Gelegenheit die Obst- und Gartenbauvereine des Bezirks in Weitramsdorf zur Kreisjahreshauptversammlung begrüssen zu können. Im April wurde auf dem Greinberg im Bereich der altehrwürdigen „Luthereiche“ eine neue junge Blutbuche gepflanzt. 1. Vorsitzender ist Andreas Geuß, 2. Vorsitzender Michael Teufel, Kassier Josef Pabstmann, Schriftführerin Christine Grimmer, Vergnügungsvorstand Wolfgang Eberlein und Jugendleiter Carolin Gehrlicher und Christoph Decker. Dem weiteren Vereinsleben ist Gottes reicher Segen und stets „gut blühen und gedeihen“ zu wünschen.
Übersicht über die Vereinsvorsitzenden- 1906 Franz Zöller
- 1910 - 1912 Adolf Siegel
- (1946) 02.02.1947 - 26.02.1950 Eugen Wank
- 26.02.1950 - 02.10.1962 (†) Eduard Scheidig
- 02.10.1962 - 05.03.1963 Willibald Latzel - 2. Vors. (in kommisarische Vertretung)
- 05.03.1963 - 11.01.1970 Willibald Latzel
- 11.01.1970 - 12.01.1992 Helmut Eberlein
- 12.01.1992 - 14.01.2001 Bernd-Ulrich Schmölz
- 14.01.2001 - 14.01.2007 Andreas Geuß
- seit 14.01.2007 Bernd-Ulrich Schmölz
Autor: R. Axmann